Eva Degenhardt

Jeder Mensch wird hineingeboren in ein bestimmtes soziales und ethisches Umfeld. Dieses erste Umfeld ist ein lebendiger Raum, der geprägt ist durch Stimmungen, Zuneigungen und Abneigungen, Hindernisse und Erleichterungen. Wenn ich mich an diese ersten Lebensräume erinnere, so sehe ich besonders die „Gründe und Böden“, die mich trugen, lebhaft vor mir. Es ist nicht gleichgültig, wie es sich anfühlt, wenn man beginnt, die ersten Schritte im Leben zu wagen.
Schon als Kind faszinierten mich unterschiedliche Bodenmaterialien: Stein, Holz, Teppiche, Erde, Sand, Lehm … Aufgewachsen in einem städtischen Umfeld, konnte ich dennoch durch ein freies

Umherschweifen in der damals teilweise zerstörten Stadt Köln ein reges Interesse für Orte und ihre Materialien entwickeln. Die „Trümmergrundstücke“, wie man sie nannte, boten uns Kindern ein Terrain der freien Entfaltung in vielerlei Richtungen. Wir waren Besitzer eigener Reiche, in denen Improvisationstalent und der Einsatz der Phantasie zu den selbstverständlichsten Fähigkeiten eines jeden Akteurs gehörte. Viel später, als ich aus dem freien Spiel mit der Welt längst einen künstlerischen Werkprozess entwickelt hatte, wurde diese frühe Liebe zu den Bodenmaterialien eine Grundkonstante meiner Kunst.